Klimaauswirkungen von Milchprodukten werden von Verbraucher*innen unterschätzt – Ist tierfreier Käse eine nachhaltigere Alternative?

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Klimaauswirkungen von Milchprodukten werden von Verbraucher*innen unterschätzt – Ist tierfreier Käse eine nachhaltigere Alternative?

Forschende ermitteln die Akzeptanz von Präzisionsfermentation zur Herstellung von tierfreiem Käse in Deutschland

Verbraucher*innen schätzen die Klimaauswirkungen von Milchprodukten häufig falsch ein. Dies geht aus einer von der LI Food - Landesinitiative Ernährungswirtschaft Niedersachsen beauftragten Verbraucherstudie hervor. Es zeigt sich jedoch auch: Ein mit Hilfe von Präzisionsfermentation hergestellter tierfreier Käse würde für viele Menschen eine annehmbare Alternative darstellen. Insbesondere Personen, denen die negativen Klimaauswirkungen von Kuhmilch bekannt sind, wären einem tierfreien Käse gegenüber besonders aufgeschlossen.

In einer repräsentativen Befragung[1] wurden 2035 Verbraucher*innen zu ihrem Einkaufsverhalten, sowie ihrer Einstellung zu Lebensmitteln, ihrem Käsekonsum und der Milchviehhaltung befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Käsekonsum von der Mehrheit der Befragten kaum oder gar nicht mit Tierleid oder Umweltaspekten in Verbindung gebracht wird. Während der teilweise hohe CO2-Ausstoß von Fleisch mittlerweile den meisten Befragten bekannt ist, wird Käse von den Befragten als deutlich weniger klimaschädlich eingestuft. Tatsächlich kann der CO2-Ausstoß je nach Käsesorte jedoch über dem von Fleisch liegen. Als Beispiel nennt die Studie Parmesankäse, der mit 6,3 CO2e/kg deutlich über dem von Schweinefleisch (4,6 CO2e/kg) liegt.

Verbraucher*innen offen gegenüber tierfreiem Käse als Alternative

Die Studie befasst sich aber auch mit der Akzeptanz möglicher Alternativen zu traditionellem Käse. Hierzu wurden die Verbraucher*innen zu tierfreiem Käse befragt, der mit Hilfe von Präzisionsfermentation hergestellt wird. Diese Technologie ermöglicht es, die für Käse wichtigen Proteine ohne Milchkühe herzustellen. Dazu werden Mikroorganismen so angepasst, dass sie die entsprechenden Proteine in einer Nährflüssigkeit produzieren. Diese Herstellungsweise verspricht ein Käseprodukt, das herkömmlichem Käse geschmacklich gleich ist, aber tierfrei hergestellt wird. Damit unterscheidet sich dieser Käse auch von pflanzlichen Alternativen. Während die Verbraucher*innen sowohl Vorteile der Lebensmitteltechnologie erkennen als zum Teil auch Skepsis hegen, zeigen sie sich grundsätzlich offen für einen tierfrei hergestellten Käse. Studienautorin Dr. Clara Mehlhose erklärt: „Insbesondere jüngere Menschen und Liebhaber verschiedener Käsesorten stellen eine spannende Zielgruppe für solche Produkte dar. Mitautorin Dr. Sarah Kühl ergänzt: "Wer grundsätzlich offen für Innovationen ist und sich der negativen Auswirkungen der Milchviehhaltung bewusst ist, würde tierfreien Käse sogar regelmäßig kaufen".

Produkte, die mit Hilfe der Präzisionsfermentation hergestellt werden, sind in den USA bereits seit einiger Zeit auf dem Markt. Eine Zulassung des Verfahrens in Deutschland bzw. der EU steht jedoch noch aus. Ganz neu ist die Technologie aber auch hier nicht. Bei der Herstellung von Medikamenten, zum Beispiel Insulin, ist die Präzisionsfermentation bereits Standard. Seit einigen Jahren findet sie nun auch Anwendung in der Lebensmittelproduktion und bietet die Chance, das Ernährungssystem nachhaltiger zu gestalten.

Einblicke in die ersten Ergebnisse der Studie liefert das frei zugängliche Chartbook.

 


[1] repräsentativ in Bezug auf wichtige Bevölkerungsmerkmale wie Alter, Geschlecht, Bildung (Schulabschluss), Einkommen, Wohnort (Region).

Chartbook

 

Veröffentlicht am: Fr | 19 Jan, 2024